Kaninchenhaltung im Winter© Diana von Droste
Kaninchen gehören nach Hund und Katze zu den beliebtesten Haustieren in Deutschland und nehmen auch in der tiergestützten Therapie eine wichtige Rolle ein. Ihre Haltung gilt als wenig aufwändig. Genau das stimmt jedoch so nicht! Um ihnen einen möglichst artgerechten Lebensraum zu gestalten, wurden erst kürzlich die Vorgaben der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT) für die Innenhaltung angepasst: Mindestens sechs Quadratmeter Grundfläche müssen für zwei Kaninchen permanent zur Verfügung stehen. Jedes weitere Kaninchen muss zusätzlich 20 % Grundfläche erhalten. Wer jedoch seine Kaninchen ganzjährig im Garten halten möchte, muss auf deutlich mehr Fläche setzen.
Gesund durch den Winter
Kaninchen sind sehr aktive Tiere, die viel Bewegung brauchen. Wenn sie rennen, kann ein einziger Sprung ungefähr das fünffache ihrer Körperlänge betragen. Hochspringen und Haken schlagen kann man bei Kaninchen sehr oft erleben. Somit muss das passende Außengehege eine entsprechende Größe besitzen. Für zwei Kaninchen sollte eine ebenerdige Fläche von mindestens 8-10 qm dauerhaft zur Verfügung stehen. Hier gilt die Devise: Je größer, umso besser.
Ein Außengehege muss nicht nur entsprechend groß sein, es muss auch rundherum ein- und ausbruchsicher errichtet werden. Weder dürfen die Tiere hinausgelangen, noch sollten Fressfeinde einen Weg ins Innere finden. Deshalb ist es wichtig, auf die richtigen Baumaterialien zu setzen. Dazu gehört der ringsum angebrachte Draht, mit mindestens 1,35 mm Stärke und einer Maschenweite von maximal 1,9 x 1,9 cm. Sogenannter Hühnerdraht ist nicht geeignet und kann von Mardern und Füchsen sehr leicht durchbissen oder sogar durchzwängt werden. Außerdem ist eine Verriegelung der Eingangstür mit einem Schloss ratsam.
Ein festes Gehege mit Licht, Luft und Rückzugsmöglichkeiten (© Sonja Tschöpe)
In einem solchen Außengehege können gesunde Kaninchen jeder Rasse gut durch die kalten Wintermonate kommen. Kältere Temperaturen vertragen sie nämlich deutlich besser als Hitze. Ihr Fell ist für Schnee und Eis bestens vorbereitet, wenn sie frühzeitig mit der Haltung im Außenstall vertraut gemacht werden. Dazu sollten Kaninchen bereits im Frühjahr, sobald die Temperaturen nachts nicht mehr unter 13 Grad fallen, an die Außenhaltung gewöhnt werden.
Das Außengehege muss zusätzlich ausreichend geschützte und trockene Rückzugsorte besitzen. Bei Kaninchen mit sehr langem oder kurzem Fell ist es sinnvoll, mindestens die Hälfte des Geheges zu überdachen. Durch die fehlende dichte Deckhaarschicht können sie die Körperwärme nicht so gut speichern. Deshalb muss für diese Kaninchen ein Teil des Geheges während der Wintermonate absolut wetterfest sein. Umsetzen lässt sich so etwas sehr einfach durch das Anbringen einer entsprechend großen Plane von außen über eine Seitenwand des Geheges und einer teilweisen Überdachung mit z.B. Holz oder Wellblech.
Im Innern des Geheges aufgestellte handelsübliche Ställe sind als Rückzugsorte ideal. Sie werden mit viel Stroh und Heu ausgelegt, in das sich die Tiere bei Bedarf jederzeit verkriechen können. Sobald Stroh und Heu feucht sind, müssen sie ausgetauscht werden. Um in diesem Schutzhaus abgesetzten Urin aufzufangen, macht das Aufstellen einer entsprechend großen Plastikwanne Sinn. Eine dicke Schicht Holzpellets als Untergrund dieser Wanne saugt den Urin gut auf und ist im Falle des Benagens für Kaninchen unkritisch.
Was aber, wenn die Kaninchen oder eines der Tiere den Rückzugsort partout nicht aufsuchen möchte? Kein Grund zur Panik, denn Kaninchen sind schlau. Sie können in der Regel selbst gut einschätzen, wo sie sich aufhalten möchten. Wichtig ist allerdings, den Gesundheitszustand täglich zu prüfen, um sicherzugehen, dass keine Erkrankung hinter diesem Verhalten steckt.
Ein windgeschützter, weich gepolsterter Platz, wie hier mit Stroh, ist Pflicht (© Sonja Tschöpe)
Energiereiche Winterfütterung
Vorbereitend auf den Winter sollte bereits zum Spätherbst die Fütterung der Tiere im Außengehege energiereicher werden. Sie dürfen etwas Winterspeck zulegen. Geeignet sind dazu verschiedene Samen und Saaten (z.B. Sonnenblumenkerne, Kürbiskerne, Amaranth, Goldhirse), auch Zuckermais, etwas Obst und natürlich frisches Wurzelgemüse (z.B. Karotte, Petersilienwurzel, Wurzelsellerie, Pastinake). Hier gilt jedoch: Alles in Maßen und nicht in Massen. Denn der empfindliche Verdauungsapparat des Kaninchens ist eher auf blättrige Kost eingestellt. Erhält es zu viel energiereiche Kost, kann Durchfall bis hin zu schmerzhaften Blähungen die Folge sein. Und natürlich darf frische Kost nur an jene Kaninchen verfüttert werden, die Frischfutter bereits kennen. Eine Vielzahl an Samen und Saaten lässt sich in größeren Supermärkten oder Reformhäusern einkaufen und nach Belieben zusammenstellen. Auf handelsübliches Trockenfutter sollte verzichtet werden. Dieses enthält für Kaninchen zum Teil suboptimale Inhaltsstoffe, die mehr schaden als nutzen.
Die Futterstelle muss trocken sein und das bei jeglicher Witterung auch bleiben. Deshalb gehört sie an einen wetterfesten Ort im Gehege. Da frisches Futter bei Minusgraden gefrieren kann, sollte die Fütterung mehrmals täglich in kleineren Mengen erfolgen.
Außerdem sollten aufgestellte Trinknäpfe mehrmals neu befüllt werden. Denn in diesen bildet sich bei sehr kalten Temperaturen schnell eine Eisschicht. Je größer der Napf ist, umso langsamer gefriert das Wasser. Legt man in diesen noch zwei saubere Tischtennisbälle, gefriert das Wasser durch die sich bewegende Oberfläche weniger schnell. Wer lieber auf Nummer sicher geht, findet im Handel beheizbare Näpfe für Hunde und Hühner. Allerdings wird eine Stromquelle nahe des Aufstellorts benötigt und es müssen vorhandene Kabel gegen das Annagen durch die Kaninchen zwingend gesichert werden.
Tägliche Gesundheitskontrollen sind wichtig
Durch die mehrfachen Begehungen kann man zusätzlich regelmäßig den Zustand der Kaninchen kontrollieren, beobachten, ob sie sich normal verhalten und im Fall der Fälle entsprechend früh einschreiten.
Wer beim Bau des Geheges an eine elektrische Lichtquelle gedacht hat, kann auch bei Dunkelheit seine Kaninchen beobachten und den täglichen Gesundheitscheck vornehmen. Einmal wöchentlich sollte im Winter das Gewicht geprüft werden. Halten die Kaninchen unabhängig von der Temperatur ihr Gewicht, ist die Fütterung optimal. Verliert eines der Tiere an Gewicht, muss geprüft werden, welche Ursachen dahinterstecken:
- Kommt das Kaninchen zur Fütterung und frisst normal?
- Frisst es möglicherweise selektiv?
- Zeigt es sonst irgendwelche Auffälligkeiten?
Denn Auffälligkeiten bei der Futteraufnahme können auf Zahnprobleme hinweisen: z.B. nachwachsende Zähne oder Zahnspitzen, die sich schmerzhaft in die Maulschleimhaut oder Zunge bohren. Das Kaninchen kaut schlechter und stellt irgendwann das Fressen ein. Es kann jedoch auch ein anderes Problem hinter dem rückläufigen Gewicht stecken. Das sollte tierärztlich abgeklärt werden.
Individuell entscheiden
Ältere oder kranke Kaninchen sollten lieber in Innenhaltung überwintern. Sie kommen mit der Kälte oft nicht mehr so gut zurecht, was ihrer Gesundheit mehr schadet, als nutzt. Ist ein Außenkaninchen während des Winters krank geworden, muss abgewogen werden, ob es wieder zurück nach draußen gesetzt werden kann. Oft macht es Sinn, den Patienten zunächst in einem möglichst unbeheizten Raum zu versorgen, am besten zusammen mit dem Tierpartner. Und je nach Schwere der Erkrankung muss man sogar abwägen, ob man nicht bis zum kommenden Frühjahr abwartet, ehe man die Kaninchen zurück in ihr Gartengehege setzt.
Zusätzlich kann es hilfreich sein, ihr Immunsystem zu stärken und ihnen altersbedingte Einschränkungen zu erleichtern. Gut ausgebildete Tierheilpraktiker haben dafür eine ganze Palette an Möglichkeiten (ein Verzeichnis seriös ausgebildeter Tierheilpraktiker finden Sie hier ).
Wer gern selbst naturheilkundlich arbeiten möchte, sollte das nicht ohne fundierte Kenntnisse tun. Unsere Partnerakademie ATM bietet dafür verschiedene Ausbildungen an, die oftmals mit einer Ausbildung an der ATN gut kombiniert werden können.
Sonja Tschöpe
Sonja Tschöpe ist Autorin, ausgebildete Tierheilpraktikerin, Tierernährungsberaterin für Hund und Katze und Dozentin. Fast 20 Jahre lang durfte sie an der Seite von Kaninchen verbringen und konnte unglaublich viel von ihnen und über sie lernen. Ihr Wissen teilt sie unter anderem mit interessierten Lesern durch ihre im Handel erhältlichen Ratgeber (u.a. erschienen im CADMOS-Verlag). Sie schreibt aber auch Artikel für Magazine und betreibt für Kaninchenbegeisterte eine eigene Kanincheninfo-Plattform. In ihrer mobilen Praxis in der Nähe von Düsseldorf betreut sie neben den kleinen Heimtieren primär Hunde und Katzen. Für das Haustiermagazin Hundkatzemaus (VOX) stand sie mehrfach mit Diana Eichhorn vor der Kamera.
Webseite: animal-visite.de