Futterverweigerung bei Katzen oder: Die mäkelige Mieze

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Futterverweigerung bei Katzen oder: Die mäkelige Mieze – Carola Schubbel

Manche Katze treibt ihren Dosenöffner zur Verzweiflung. Was gestern noch mit Heißhunger gefressen wurde, lässt heute die Katze kalt. Das leckere Katzenverwöhnmenü bleibt, wo es ist: im Napf. Was hinter der kätzischen Marotte steckt und was man dagegen tun kann.

Katzen können dieses Spiel lange spielen. Sie kommen geduldig auf die Welt. Das muss man, wenn die natürliche Hauptspeise in einem kleinen Loch wohnt und gerne auf sich warten lässt. Freigänger sind selten von Appetitlosigkeit befallen. Es sind die Wohnungskatzen, die uns damit ruhelos durch die Regale der einschlägigen Geschäfte und zur Verzweiflung treiben.

Der Schlüssel zu diesem uns seltsam erscheinenden Verhalten der Stubentiger liegt im natürlichen Jagdverhalten. Katzen lauern ihrer Beute auf: Sie sind sogenannte Ansitzjäger, die für den Zugriff auf einen günstigen Moment der Unachtsamkeit bei der Maus warten und ihr allenfalls im kurzen Sprint hinterher hetzen. Lange Verfolgungsjagden sind ihre Sache nicht. Andererseits ist es bei erwachsenen Katzen die Bewegung der Beute, die den Jagdtrieb auslöst, denn sie sind Jäger, keine Aasfresser. Bliebe die Maus mutig regungslos liegen, bekäme sie vielleicht einige Pfotenhiebe ab, zum Test, ob sie wirklich tot ist, aber sie hätte eine deutliche Chance, diesen halbherzigen Angriff zu überleben.

Abwarten einerseits, andererseits blitzartig zuschlagen: Über den Tag verteilt fressen Katzen so mehrere kleine Beutetiere, etwa 25 Gramm pro Maus-Mahlzeit. Für große Portionen ist ihr Magen nicht gemacht.

Die Jagdstrategie prägt das Fressverhalten

Vergleichen wir das natürliche Jagdverhalten mit der Fütterung unserer Hauskatzen, wird schnell klar, dass der Jagdinstinkt dabei nicht ausgelastet sein kann. Die Fütterung unserer Hauskatzen gleicht vielmehr weitgehend der von Hunden, deren Jagd- und Fressverhalten sich jedoch stark von dem der Katzen unterscheidet. Hunde lauern nicht, sondern hetzen ihre Beute. Auch was schon länger liegt, wird gerne genommen. Zwar erlegen sie meist kleinere Beutetiere, in ihrem Magen ist jedoch – wenn das Jagdglück es zulässt – Platz für große Portionen: Sie sind von Natur aus Schlinger mit einem sehr dehnfähigen Magen, dafür kommen sie auch mal einen Tag ganz ohne Nahrung aus.

Wie Hunde erhalten fast alle Hauskatzen eine oder zwei Großportionen täglich, oft steht Futter zur freien Bedienung. Viele Katzen tolerieren diese Art der Fütterung. Aber manche – nicht selten sind es die besonders pfiffigen unter den Stubentigern – entwickeln ein gewisses Maß an Kreativität bei der Bestellung ihres Speiseplans. Zur Hilfe kommt ihnen dabei, dass sie nicht auf eine bestimmte Nahrung geprägt sind. Vielmehr können sie sich bis zu einem gewissen Grad dem Angebot anpassen. Die Lesart nörgeliger Hauskatzen scheint allerdings umgekehrt: Wie passe ich das Angebot an mich an? Ist die Fütterung weder das Top-Event der Stunde, noch weckt es den Jagdinstinkt, warten die Garfields unter ihnen geduldig auf ein besseres Angebot. Oder sie nippen gnädig etwas am Tagesmenü und trollen sich dann wieder, was, wie oben beschrieben, zunächst einmal artgemäß ist und noch keine Futterverweigerung.

Eine Frage der Konditionierung

Hier beginnt meist die unbeabsichtigte Konditionierung durch die (oder vielleicht besser: der) Besitzer. Aus Angst, ihr Vierbeiner könne Hunger leiden, servieren sie vermeintlich schmackhaftere Alternativen. Ein Aha-Erlebnis für die Katze und schnell hat die schlaue Miez ihren Zweibeiner im Griff, in einer Art, die zuweilen beinahe terroristische Züge tragen kann.

Aber nicht immer steckt hinter der Futterverweigerung nur kapriziöses Verhalten. Katzen mit Freigang sind oft einfach satt. Wenn sie nicht abmagern, sind sie meist passionierte Jäger oder naschen auch beim Nachbarn. Ist die Katze etwas schüchtern, frisst sie vielleicht lieber unbeobachtet und braucht einen ruhigen, ungestörten Futterplatz. Bei mehreren Katzen ist darauf zu achten, dass die überlegenen nicht die schwächeren vom Futter verdrängen können. Hauskatzen decken ihren Flüssigkeitsbedarf natürlicherweise über die Beute. Darum immer auch Feuchtfutter füttern, insbesondere bei Katern zur Prophylaxe von Harnwegserkrankungen gern noch mit etwas Wasser verdünnt. Der Trinknapf steht am besten möglichst weit vom Fressnapf entfernt.

Ursache: Krankheit

Appetitlosigkeit kann krankheitsbedingt sein. Atemwegserkrankungen beispielsweise können den Geruchsinn beschädigen. Eine Katze prüft die Beute mit der Nase auf Genießbarkeit. Kann sie das nicht mehr, gibt es ein ernsthaftes Problem, denn sie wird sich weigern, zu fressen, was sie nicht ordnungsgemäß prüfen kann. Hier kann versucht werden, Futter mit extrem starkem Eigengeruch zu verfüttern. Auch Speiseröhren-Verlegungen, schmerzhafte Prozesse im Magen-Darm-Trakt, starker Parasitenbefall und andere Krankheiten sind Appetitverderber. Vor einem verhaltenstherapeutischen Ansatz sollte darum als erstes eine organische Erkrankung ausgeschlossen werden.

Ist die Katze jedoch gesund, müssen wir vor allem uns selbst, dass heißt unser Fütterungsverhalten ändern. Statt einer oder zwei Mahlzeiten pro Tag an immer derselben Stelle wird die Tagesration besser auf fünf oder mehr Mäuse-Portionen mit Spaßfaktor verteilt. Katzen, die mehrere Stunden täglich allein sind, können ihre Portionen über einen Fütterungsautomaten mit Zeitschaltuhr zugeteilt bekommen. Dabei muss Molles Magen hinterher nicht prall gefüllt sein. Im Gegenteil: Nach einem kleinen Nickerchen sollte er wieder knurren. Katzen müssen nicht jeden Tag pappsatt sein, das ist natürlich. Andernfalls werden sie zu dick, was auf jeden Fall vermieden werden sollte. Allerdings dürfen sie auch nicht länger als 24 Stunden ohne Futter sein, das ist für Katzen gesundheitsschädlich. Grundsätzlich gilt: Was nach 10-15 Minuten noch im Napf ist, wird weggeräumt. Ein 24-Stunden-Katzen-Büffet ist für die Fütterung dieser Katzen ungeeignet.

Füttern als Fitness-Programm

Ein wenig Anstrengung darf sein und steigert die Fresslust. Bröckchenwerfen ist ein Renner mit Trainingswert. Futterbälle, Papprollen und Fummelbretter, bei denen sich die Katze das Futter „erjagen“ muss, simulieren das Mäuseloch, appellieren an Geschicklichkeit und befriedigen nebenbei den Spieltrieb. Manche Katzen entwickeln erstaunliches Anglergeschick, wenn Trockenfutter-Stückchen in Wasser schwimmen. Es kann auch an wechselnden Plätzen in der Wohnung versteckt werden, zwei, drei kleine Bits hier und da, die sich vielleicht sogar runterwerfen lassen, veranlassen die Katze, das Wohnungsrevier auch in Abwesenheit des Menschen nach Beute zu durchstreifen. Die Herausforderungen können dabei im Laufe der Zeit ruhig gesteigert werden. Katzen lernen sehr schnell, dass sich die Futtersuche lohnt – mit dem Nebeneffekt, dass sie sich mehr bewegen und dadurch fitter und ausgeglichener werden. So bietet man dem eigenen Garfield Erlebnisfressen statt Fressnapfleeren. Meist hat sich das Problem bei diesem Vorgehen schnell erledigt.

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Patricia Lösche

Patricia Lösche ist freie Autorin, Text- und Bild-Journalistin. Der Dolmetscher-Ausbildung folgten Biologie- und Journalistik-Studium, freier und redaktioneller Journalismus für verschiedene große Verlage. Später dann die Ausbildung zur Tierheilpraktikerin an der ATM und die Tierpsychologie-Ausbildung an der ATN. Empathie, Achtung und Verständnis auf Augenhöhe im Umgang mit Tieren sind Patricia Lösche ein besonderes Anliegen. Seit 2014 schreibt sie für ATM und ATN Blogbeiträge, ist Autorin von Skripten und betreut als Tutorin die Studierende unterschiedlicher Fachbereiche. In die Wissensvermittlung fließen mehrjährige Praxis-Erfahrungen aus der naturheilkundlichen Behandlung von Pferden, Hunden und Katzen ebenso ein, wie die jahrzehntelange Erfahrung eigener Tierhaltung. Sie ist Mitglied im Fachverband niedergelassener Tierheilpraktiker (FNT) und 1.Vorsitzende im Berufsverband der Tierverhaltensberater und –trainer (VdTT).

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