Rückzugsorte für Stubentiger
My Home is cats Castle … oder: Wie Sie Ihrer Katze viele verschiedene kleine „Schlösser“ bauen können.
Wer sein Leben mit einer Katze teilt, weiß vermutlich, dass Katzen sämtliche Arten von Höhlen lieben. Welcher Katzenbesitzer hat nicht schon einmal eine Schranktür oder Schublade geöffnet und – schwupps – war die Mieze dort hinein verschwunden. Nicht wenige Samtpfoten brauchen auch kein Personal fürs Türen öffnen, machen sich einen Spaß daraus und öffnen Schränke und Schubladen selbstständig – natürlich ohne zu fragen ;-)! Aber warum machen sie das?
Instinkthandlung
Katzen sind sogenannte Lauerjäger, d.h. sie versuchen so nah wie möglich an ihre Beute heranzukommen, ehe sie zu schlagen. Sie müssen dabei aber unbemerkt bleiben. Deshalb nutzt eine Katze jede sich ihr bietende Möglichkeit, um sich zu tarnen und dann im richtigen Augenblick blitzschnell anzugreifen. Es ist also zum einen auf einen angeborenen Instinkt in Sachen Jagdverhalten zurückzuführen, dass Katzen sich so gerne verstecken. Zum anderen sind Katzen aber nicht nur Beutegreifer, sondern auch Beutetiere für größere Räuber. Befürchten sie eine Gefahr, ist ihre erste Reaktion zumeist die Flucht, wobei Verstecke wichtige Fluchtpunkte darstellen. Rückzugsorte brauchen Stubentiger also auch aus ihrem großen Sicherheitsbedürfnis heraus. Wo sie fehlen, kann sich eine Katze nicht wohl und nicht sicher fühlen.
Neue Wege gehen
Es ist sehr sinnvoll, unseren Samtpfoten auch im Haus oder in der Wohnung Rückzugsorte, bzw. Versteckmöglichkeiten anzubieten. Gerade – aber bei weitem nicht nur – in Haushalten mit Hunden, kleinen Kindern oder mehreren Katzen sind Rückzugsorte sehr wichtig zur Stressreduzierung und für ein harmonisches Zusammenleben. Kein Wunder, dass sie meist liebend gerne von den Katzen angenommen werden. Möglichkeiten, Verstecke zu schaffen, gibt es viele – kosten müssen sie nichts. So kann man beispielsweise ein Sofa, einen Schrank oder ein anderes Möbelstück einfach etwas von der Wand wegrücken, schon kann Mieze dahinter schlüpfen. Ebenso kann man eine Decke oder eine Husse so über einen Stuhl, einen Sessel oder Hocker legen, dass darunter eine kleine Höhle entsteht. Wichtig ist, darauf zu achten, dass keine Gefahren geschaffen werden, die Katze etwa hinter dem Sofa stecken bleiben kann oder (und das gilt in Bezug auf alle Verstecke) eine Sackgasse entsteht, aus der der einzelne Vierbeiner bei Bedrohung (z.B. durch andere Tiere im Haushalt) nicht mehr heraus kommt.
Catwalks
Eine tolle Möglichkeit, Katzen die begehrte dritte Dimension in einem Zimmer zu erschließen, sind Laufwege in luftiger Höhe. Einen Kratzbaum hat zumeist jeder, doch wie wäre es, diesen mit der Schrankwand, einem Regal oder einer eigens angebrachten Aussichtsplattform zu verbinden, von wo aus die Katze einen herrlichen Überblick über alles genießen könnte, ohne selbst gesehen zu werden? Tatsächlich ist das ganz einfach, denn mithilfe schmaler Holzbrettchen kann man an einer oder mehreren Wänden entlang entsprechende Laufwege schaffen. Auch Teppichrollen aus festem Pappkarton können mit Teppich oder Sisal bespannt und zu einem idealen Catwalk an der Wand umgewandelt werden. Mit der passenden Farbe für die Holzbretter oder den Teppich und einer geschickten Anordnung lassen sich Catwalks nicht zuletzt auch harmonisch ins Wohnambiente einfügen. Bisweilen lässt sich sogar zugleich neuer Raum für (katzenungefährliche) Dekoration oder (für Katzen ungiftige) Pflanzen schaffen.
Der Kreativität freien Lauf lassen
Einrichtungsgegenstände wie z.B. kleine Tische oder Schränkchen, große Pflanzen, Sessel oder andere Dekorationsgegenstände lassen sich ebenfalls so anordnen, dass einer Katze neue Lauermöglichkeiten oder ein Sichtschutz vor Besuchern, den Kindern oder anderen Tieren bzw. Artgenossen im Haushalt geboten werden können.
Manche Verstecke müssen dabei gar nicht unbedingt dauerhaft „installiert“ werden, denn viele Katzen lieben Abwechslung und freuen sich, wenn einfach der Karton des letzten Geschenkpakets ein paar Tage herumstehen kann – umgedreht und mit ausgeschnittenen Ein- und Ausschlüpfen oben und an einer oder zwei Seiten sowie Guck- und Fummellöchern eignen sich Kartons prima zum Verstecken, Lauern und Spielen. Wer Kinder hat, kann sie auch (mit ungiftigen und unverschluckbaren Materialien) bemalen oder bekleben lassen – oder er legt selbst Hand an. Auch Kissen oder Decken auf dem Sofa lassen sich kurzfristig so anordnen, dass kleine Höhlen oder „Körbchen“ entstehen, in die die Samtpfote sich einkuscheln kann. Perfekt platziert ist ein Versteck immer dann, wenn die Katze dort besten Überblick hat und selbst nicht oder nur schwer entdeckt werden kann. Wichtig: Wenn mehrere Katzen im Haushalt leben, sollte bei allen Verstecken und Aussichtsgelegenheiten immer an einen zweiten Ein-/Aus- bzw. Auf-/Abgang gedacht werden. So wird vermieden, dass eine Katze im Versteck von einem Artgenossen oder auch einem Mithund „gefangen gehalten“ wird. Das kann durchaus passieren, und aus Spiel wird dann schnell Ernst.
Sicherheit geht vor
Für welche Verstecke man sich im Einzelfall auch entscheidet: Stets sollte die Sicherheit der neugierigen Vierpfötler im Vordergrund stehen. Laufbretter an den Wänden sollten deshalb nicht zu schmal sein, um die Gefahr des Abstürzens der Katze zu minimieren. Bei der Verwendung von Teppichen sollte bedacht werden, keinen Teppich mit Schlingen (Schlingenware) zu wählen, in denen die Katze mit den Krallen hängen bleiben könnte. Gleiches gilt für Rattankörbe. Werden Kissen, Decken, Matten oder ähnliches auf Aussichtsplattformen ausgelegt, müssen diese so befestigt werden, dass sie nicht wegrutschen können. Wichtig: Auch Spielzeug, das an Schnüren aufgehängt wird und viele Katzen sehr begeistert, kann zur Gefahr für den Stubentiger werden, denn die Schnur kann sich um eine Gliedmaße oder gar den Hals der Katze wickeln, was dann zu schweren Verletzungen oder sogar Strangulation führen und lebensbedrohlich werden kann. Am besten werden Spielzeuge – wenn überhaupt – nur an kurzen, sehr dünnen „Fäden“ aus Gummi aufgehängt. Diese reißen zwar, wenn zu stark an ihnen gezogen wird, dafür reißen sie aber auch, falls sich die Katze doch einmal darin verwickelt haben sollte. Oder noch besser: bieten Sie solches Spielzeug nur unter Aufsicht an. Nicht zuletzt sollte bedacht werden, dass Katzen zwar hervorragend springen können, wiederholte Sprünge aus großer Höhe aber negative Folgen für die Gelenke der Katze nach sich ziehen können. Die Anordnung von Verstecken, Aussichtsplattformen und Catwalks sollte deshalb stets so gewählt werden, dass man die Katze nicht zu waghalsigen Sprüngen nötigt oder verführt. Wer das alles beachtet, braucht seiner Kreativität in Sachen Katzenbegeisterung keine Grenzen zu setzen.
Viel Spaß!
Svenja Schröder
Svenja Schröder ist Tierpsychologin für Hunde und Katzen mit ATN-Abschluss und Mitglied im Berufsverband der Tierverhaltensberater und –trainer (VdTT). Zurzeit befindet sie sich bei der ATM in Ausbildung zur Hundephysiotherapeutin. Ihr Motto ist: „Verstehen schafft Vertrauen“. Wenn das Tier seinen Menschen versteht und der Mensch sein Tier, fördert dies die Bindung für ein harmonisches Zusammenleben.