Hunde-TV: Was sehen Hunde im Fernsehen

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Können Hunde Fernsehen? – Patricia Lösche

Fernsehen für Hunde? Nein, das ist kein Scherz, er existiert, der Fernsehsender für Hunde. Fast möchte man hinzufügen: natürlich. Schließlich gibt es inzwischen – fast – alles für Hunde, was der Mensch gut findet. Programmdesign auf wissenschaftlicher Grundlage durch führende Haustier-Experten; ein optisches und akustisches Highlight für Hunde; Stressreduktion bei Trennungsangst. Kurz: Inhalt dazu gemacht, Hunden zu gefallen. Das jedenfalls verspricht der Sender, ein gemeinsames Unternehmen von Medien-Profis wie Amazon fireTV, chromecast (Google) und Apple-TV. Zwei englische Forscherinnen haben in einer Studie die Fernsehgewohnheiten von Hunden unter die Lupe genommen.

Ein Programm zum Bellen und Heulen

Und was meint Hund dazu? Oder besser, wie sieht er fern? Mit Hilfe von eye-tracking, einer Methode aus der Humanforschung, bei der anhand von Augenbewegungen das Sehverhalten analysiert wird, untersuchten Ilyena Hirskyj-Douglas und Janet C. Read von der University of Central Lancashire in England, was die Aufmerksamkeit eines Hundes auf den Fernseher lenkt. Und tatsächlich: Hunde bevorzugen bestimmte Bilder und Filme. „Forschung in diesem Bereich gibt Hunden die Chance einer sinnvollen Interaktion mit dem Bildschirm. Sie schafft möglicherweise Voraussetzungen für eine Quantifizierung und Entwicklung von Methoden zur Förderung der Tier-Computer-Interaktion“, heißt es etwas kryptisch in der Studie. Werden wir also eines fernen Tages mit dem Alien am Ende der Leine über das Medium Computer vermittelt kommunizieren können? Etwa wie mit der Gorilladame Koko, die Unterhaltungen mit Menschen pflegt, indem sie Symbole auf einem Touchscreen berührt. Die Aussage der Forscherinnen legt es nahe.

Wer weiß. Im Jetzt und Hier gilt erst einmal: Hunde lieben andere Hunde. Auch im Fernsehen oder am Computer. Am liebsten haben sie es, wenn sie ihre Artgenossen zuvor hören. Das macht neugierig. Lieblingsgeräusche sind – natürlich – Hundegebell und –geheul, gefolgt von freundlichen Kommandos vom Zweibeiner, menschlichem Lob oder dem Quietschen von Hundespielzeug.

Hunde sehen anders – auch anders fern

Hunde sehen anders fern als der Mensch. Überrascht uns das? Nicht wirklich. Ihr Sehvermögen unterscheidet sich deutlich von dem des Menschen. Ihr dichromatisches (zweifarbiges) Farbsehvermögen erfasst die blauen und gelben Anteile des Lichts. DogTV, so heißt der Hundesender, setzt darum auf diesen Farbbereich in seinem Programm für Vierbeiner.

Hunde sind außerdem erheblich sensitiver als wir in der Wahrnehmung selbst so feiner Bewegung wie das Flimmern eines Fernsehbildes. Weshalb vermutet wird, dass die geringere Flimmerrate neuer HDTV-Geräte Hunden die Verfolgung von Sendungen eher ermöglicht als die alten Röhrenfernseher mit ihrer hohen Flimmerrate.

Und während wir uns minimalbeweglich mit einer Tüte Chips auf dem Sofa positionieren, neigt Snoopy zum Tele-Jogging. Mal inspiziert er den Bildschirm, dann geht es zurück zum Sofa-Menschen, dann wieder zum Bildschirm. Hund schaut selten still, sondern gerne wuselig interaktiv.

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Volles Programm: Sehen Hunde gern, was sie da sehen? (Foto:Patricia Lösche)

Sehen Hunde gerne fern?

Setzt man Hunden drei Bildschirme mit unterschiedlichen Programmen vor, können sie sich nicht entscheiden, ganz gleich, was läuft. Sie sind, soweit bislang feststellbar, die geborenen Zapper. Einmal abgesehen von den bereits erwähnten Lieblingsthemen wurden keine Präferenzen festgestellt, wenn Programme parallel liefen.

Aber sehen Hunde, wenn sie fernsehen, gern fern? Das ist eine sehr komplexe Frage. Schaut der Mensch Fernsehen, ist er emotional. Unmut, Mitleid, Ärger, Trauer, Angst, Freude, Horror – das ganze Gefühlsleben sieht mit. Darauf bauen die Programmdirektoren, denn das schafft Zuschauer. Der eine liebt Liebesfilme, der andere gruselt sich gern mit Horror, der dritte ängstigt sich im Krimi oder schwört auf Humor.

Natürlich haben Hunde neben kognitiven Fähigkeiten auch Emotionen. Das kann heute niemand mehr ernsthaft in Frage stellen. Aber es ist ein bislang nicht erforschbares Rätsel, ob Hunde tatsächlich eine Art emotionaler Beteiligung am Ferngesehenen entwickeln. Zwar gibt es Unterschiede von Hund zu Hund, was Programm-Präferenzen angeht. Aber die erklären sich – so wird vermutet – eher durch die Vorlieben der jeweiligen Besitzer. Denn der Hund beobachtet nicht nur den Fernseher. Er beobachtet den Menschen vor dem Fernseher, dessen Reaktionen, Gesten, Mimik, Körperhaltung, auch wenn sie ihn nicht selbst betreffen. Auf das Mensch-lesen-können sind unsere Hunde auf ihrem Weg vom Wolf zu Mops und Co. getrimmt worden. Sie haben darin also rund 30.000 Jahre einschlägige Erfahrung, forciert durch züchterische Selektion, für die die Fähigkeit des Hundes zur Fokussierung auf den Menschen ein zentrales Thema ist.

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Science Fiction: Echtes Wau-TV ist noch Zukunftsmusik (Foto: Patricia Lösche)

Fernsehen stop and go

Wir favorisieren lange Filme, Hunde stehen auf Spots. Je kürzer, umso besser. Drei Sekunden und darunter, dann erlischt Bonzos Interesse auch schon wieder. Kein Hinstarren auf den Bildschirm, sondern Kurzzeitfixierung im ADHS-Modus. Auch dann, wenn es um Themen geht, die Hund grundsätzlich attraktiv findet. Die meiste Zeit schauen sie nicht hin, unsere besten Freunde, sondern beobachten eher uns. Ist das nicht erfreulich? Und beispielhaft?

Hundegebell oder spielender Hund, gehalten in blau-gelb mit wechselnden Darstellern im Dreisekundentakt: So sieht es aus, das ideale Doggie-TV, wie wir es uns vorstellen. Geeignet, Tierheimhunden und Single-Hunden allein zu Haus Langeweile und Trennungsangst zu vertreiben. Salopp formuliert eine Art Knast-TV, das angeht, wenn abends im Tierheim die Lichter ausgehen. So etwa könnte man das Ergebnis der Studie zusammenfassen.

Wie ein hundegemäßes Fernsehprogramm tatsächlich gestaltet sein müsste, das ist ein noch nicht zu lüftendes Geheimnis, daraus machen die Autorinnen der Studie keinen Hehl. „Erwarten Sie keine Hundeversion des Fernsehens. Dafür ist es noch zu früh“, schreibt die Mitautorin der Studie, Ilyena Hirskyj-Douglas. Echtes Wau-TV sähe vermutlich völlig anders aus, als wir es uns vorstellen mögen, denn was fehlt, ist das Entertainment für die Hundenase. Hund will riechen. Vorzugsweise am hinteren Ende seines Gegenübers oder an dessen Hinterlassenschaften. Ist dieses argerechte Hundefernsehen erst einmal erfunden, wird es wohl keine gemeinsamen Fernsehabende von Herr und Hund mehr geben. Auch das Programm für den besten Freund des Menschen muss eben doch zuerst dem Menschen selbst gefallen.

Literatur
Ilyena Hirskyj-Douglas/Janet C.Read/ University of Central lancashire (UK): Is My Dog Watching TV?

autorin patricia loesche

Patricia Lösche

Patricia Lösche ist freie Autorin, Text- und Bild-Journalistin. Der Dolmetscher-Ausbildung folgten Biologie- und Journalistik-Studium, freier und redaktioneller Journalismus für verschiedene große Verlage. Später dann die Ausbildung zur Tierheilpraktikerin an der ATM und die Tierpsychologie-Ausbildung an der ATN. Empathie, Achtung und Verständnis auf Augenhöhe im Umgang mit Tieren sind Patricia Lösche ein besonderes Anliegen. Seit 2014 schreibt sie für ATM und ATN Blogbeiträge, ist Autorin von Skripten und betreut als Tutorin die Studierende unterschiedlicher Fachbereiche. In die Wissensvermittlung fließen mehrjährige Praxis-Erfahrungen aus der naturheilkundlichen Behandlung von Pferden, Hunden und Katzen ebenso ein, wie die jahrzehntelange Erfahrung eigener Tierhaltung. Sie ist Mitglied im Fachverband niedergelassener Tierheilpraktiker (FNT) und 1.Vorsitzende im Berufsverband der Tierverhaltensberater und –trainer (VdTT).

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