Alter Hund: Demenz erkennen und verstehen

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Demenz beim Hund: Neuronensterben im Gehirn – MarcelIS, DollarPhotoClub

Alzheimer Demenz beim Hund oder: Das Kongnitive Dysfunktionssyndrom (CDS)

Alzheimer beim Menschen ist in aller Munde. Aber wer weiß schon, dass es auch beim Hund eine Alzheimer Demenz gibt? Demenz ist keine normale Alterserscheinung, sondern beruht auf dem langsamen Absterben von Nervenzellen. Vor allem jenen, die für Orientierung, Lernen, Gedächtnis und Bewusstsein zuständig sind. Beim Hund wird diese Erkrankung CDS genannt – die Abkürzung steht für Kognitives Dysfunktionssyndrom. Auffallend sind dabei die Verhaltensänderungen des Tieres. Erkrankte Hunde können ängstlich oder aggressiv werden, sich in der Wohnung verlaufen, ihre Futterschüssel nicht wiederfinden, vergessen, wozu ein Knochen gut ist und ähnliches. Welche Ursachen hat die Demenz beim Hund? Welche Tiere trifft es? Und was kann man dagegen tun? Der folgende Text gibt Aufschluss.

Die Alzheimer Erkrankung ist mittlerweile ein Synonym für Demenz beim alternden Menschen geworden. Wir alle haben davon gehört, es ist eines der Hauptprobleme unserer alternden Gesellschaft. Immer mehr Menschen erkranken in höherem Lebensalter an Demenz. Nicht immer ist es das Alzheimer Syndrom, aber fast jeder hat schon einen an Demenz erkrankten Menschen gesehen oder erlebt.

Alter Hund: Wie äußert sich Demenz?

Alzheimer tritt beim Hund ebenfalls in höherem Lebensalter auf, je nach Hunderasse früher oder später. Es gibt keine Hinweise darauf, dass bestimmte Rassen eher an dieser Demenz erkranken, aber es gibt deutliche Hinweise darauf, dass sowohl das Einsetzen als auch der Verlauf der Hunde-Alzheimer-Demenz jener des Menschen ähnlich sind. Beim Hund nennt sich Alzheimer „CDS“ (cognitive dysfunctional syndrom) oder auch „das Kognitive Dysfunktionssyndrom“.

Hunde mit CDS und Mensch mit Alzheimer zeigen ähnliche Symptome:

  • Die Fähigkeit, zwischen verschiedenen Entscheidungsmöglichkeiten abzuwägen, ist erschwert.
  • Sowohl der Mensch, als auch der Hund erkennen Objekte immer schlechter, obwohl sie ihnen vor der Erkrankung vertraut waren.
  • Alltägliche Gegenstände werden nicht erkannt, vertraute Personen erscheinen als Fremde.
  • Hunde bellen oder knurren Familienmitglieder an oder weichen ihnen plötzlich aus.
  • Oft halten sie inne als wenn sie nicht mehr wissen wohin sie eigentlich gehen wollten. Der Blick ist dabei oft starr und in sich gekehrt.
  • Hund und Mensch vergessen neue Informationen (beim Hund oft gerade gegebene Signale („Kommandos“)) innerhalb von Minuten, vor allem wenn sie abgelenkt werden.
  • Es kommt bei beiden zu einer verminderten Affektkontrolle mit für die Persönlichkeit untypischen Gefühlsschwankungen bis hin zur Reizbarkeit.
  • Hunde können spontan bissig werden oder sich ängstlich zurückziehen.

Demenz beim Hund: Ursachen

Beim dementen Hund sterben – ebenso wie beim dementen Menschen – im Gehirn Nervenzellen ab. Am empfindlichsten sind die Zellen, die für Lernen, Gedächtnis und Bewusstsein zuständig sind. Sie liegen in der äußeren Schicht des Gehirns, der Neuhirnrinde, allerdings gut eingebettet in Einfaltungen an den Schläfen. Normalerweise werden Mensch und Tier alt, ohne dass diese Zellen absterben. Aus bisher unbekannten Gründen erkrankt aber ein Teil von Mensch und Hund an diesem Neuronensterben.

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Demenz beim Hund ist keine „Alterserscheinung“, sondern eine Erkrankung, die auf dem Absterben von Nervenzellen im Gehirn beruht.

Kognitives Dysfunktionssyndrom – was führt zum Neuronensterben?

Im Inneren des Gehirns bei Mensch und Tier ist alles absolut auf Leistung ausgerichtet. Alle Oberflächen, die miteinander in Kontakt stehen, tauschen Informationen aus, transportieren Abfallstoffe ab, liefern Nährstoffe. Nur wenn alle diese Oberflächen frei von Ablagerungen sind, können diese lebenswichtigen Arbeiten verrichtet und die Nervenzellen mit allem versorgt werden, was sie brauchen. Auch haben Nervenzellen in ihrem Inneren regelrechte Autobahnen, auf denen sie ihre Botenstoffe (die sie für die Kommunikation mit anderen Nervenzellen benötigen) vom Zellkörper bis weit auf die andere Seite des Gehirns transportieren können. Diese Autobahnen nennen sich Axone, und in diesen Axonen befinden sich Transportmoleküle, die genau diese Autobahn nutzen, um ihre Fracht am Ende des Axons abzuliefern.

Bei CDS und Alzheimer Demenz funktionieren bestimmte Eiweiße (Proteine) nicht. Es sind genau die Proteine, die sowohl die Autobahn Axon, als auch die äußeren Oberflächen der Zellen frei von Ablagerungen halten sollen. Deshalb lagern sich Abfallstoffe an, sehr langkettige Eiweiße, die weder abgebaut noch abtransportiert werden können. Sie zerreißen das Axon, zerstören damit die Kommunikationsfähigkeit der Nervenzellen und umgeben die Nervenzellen außerdem mit einer Mauer. Durch diese kann zum einen Abfall nicht abtransportiert werden. Zum anderen gelangen Nährstoffe nicht mehr ungehindert zur Zelle. Die Zelle stirbt – sie vergiftet sich selbst, verhungert und verstummt und wird vom Immunsystem des Gehirns fortgeschafft. Zurück bleiben Löcher, die sich mit weiteren Mauern füllen. Auch die Blutgefäße können durch diese Eiweißmauern nicht an das Gehirn heran wachsen. Alles, was hinter diesen Eiweißkrusten liegt, ist dem Tode geweiht.

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Sowohl bei CDS als auch bei Alzheimer Demenz verläuft Zerstörungsprozess im Gehirn sehr langsam und über viele Jahre. Die Folgen der Erkrankungen zeigen sich schleichend. Zunächst kann das Gehirn über Umgehungen das Schlimmste verhindern – zumindest bis auch die Ungehungen nicht mehr durchgängig sind. Bei Mensch und Tier ist diese Entwicklung, nur durch die Gabe von Medikamenten verzögerbar. Verhindern oder gar rückgängig machen kann man sie nicht.

Ausbruch der Erkrankung

Beim Hund bricht CDS erst im fortgeschrittenen Alter aus. Tiermedizinisch wird das Kognitive Dysfunktionssyndrom daher zu den geriatrischen Erkrankungen gezählt. In der ATN-Ausbildung „Verhaltenstherapie“ werden sie übrigens intensiv besprochen. Wann sich ein Hund im „fortgeschrittenen Alter“ befindet, hängt übrigens von der Rasse und Größe des Tieres ab. Die Disposition zur CDS bei Hunden ist deshalb nicht pauschal auf ein bestimmtes Alter festzulegen. Zurzeit gibt es keinen Hundetyp, kein Wesensmerkmal und auch sonst keinen Hinweis in Bezug auf die Haltung und Ernährung des Hundes, der mit einer Neigung zu Demenz in Zusammenhang gebracht werden könnte.

Hundehalter sollten dennoch aufmerksam gemacht werden und ein waches Auge auf ihre Senioren haben. Es ist viel leichter, den besonderen Bedürfnissen betroffener Tiere gerecht zu werden, wenn die fortschreitende CDS rechtzeitig erkannt wird. Von großer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang Schmerzempfindung, die in der Demenz verloren gehen kann. Lesen Sie ausführlich darüber in unserem Artikel „Schmerzen beim dementen Hund richtig behandeln“.

autorin dr rer nat petra walter

Dr. rer. nat. Petra Walter

Dr. rer. nat. Petra Walter ist Neurobiologin mit umfangreicher praktischer Erfahrung in der neurophysiologischen Grundlagenforschung. Ihre wissenschaftliche Tätigkeit führte sie unter anderem nach Neuseeland, Südafrika und in die USA. Heute ist Petra Walter Dozentin für Neuropsychologie und Neurophysiologie bei Wirbeltieren, realisiert Bildungsurlaube für Fachkräfte und zahlreiche Seminare. Für die ATN ist sie seit 2014 im Einsatz.

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