Das 10-Leckerchen-Spiel für Katzen
Wer an der ATN Katzenpsychologie studiert, weiß es längst: Katzen machen eben nicht nur, was sie wollen. Viele Katzen lassen sich erstaunlich leicht trainieren und haben großen Spaß daran, zu lernen, auszuprobieren und mit ihren Menschen eine ganz neue Beziehungsebene zu entdecken. Eine Art Multi-Toll des Tiertrainings lässt sich dabei ganz hervorragend auf Katzen anwenden: das 10-Leckerchen-Spiel. Entwickelt wurde es ursprünglich von der US-amerikanischen Hundetrainerin Leslie Nelson. Unsere Tutorin und Dozentin für die Katzenverhaltenstherapie, Anne-Katrin Mausolf, erläutert im vorliegenden Beitrag, wie das Spiel funktioniert und wie es sowohl im Einzel- als auch im Mehrkatzen-Haushalt für willkommene Unterhaltung, Abwechslung und natürlich auch gute Katzenmanieren sorgt.
10-Leckerchen-Spiel: Multitool der Katzenerziehung
Im 10-Leckerchen-Spiel lernt die Katze, für eine gewisse Zeit ruhig zu warten und sich zurückzunehmen – sie lernt also Impulskontrolle und damit, sich besser zu beherrschen. Impulskontrolle ist auch für Katzen eine echte „Schlüsselqualifikation“. Denn viele unerwünschte, „nervige“ und mehr oder weniger problematische Verhaltensweisen können ihre Ursache in mangelnder Impulskontrolle haben oder finden. Mit dem 10-Leckerchen-Spiel steht Katzenhaltern und Katzenpsychologen ein tolles Werkzeug zur Verfügung, das in vielgestaltiger Weise bei der Erziehung der Katze und in Sachen „Katzenmanieren“ unterstützend eingesetzt werden kann.
Für’s Warten wird Mieze beim 10-Leckerchen-Spiel hochwertig belohnt: denn die Belohnung besteht nicht nur aus einem einzigen Leckerchen, sondern aus einer Abfolge von mehreren Leckerchen. Mit der Zeit entwickelt die Katze für dieses Spiel eine Erwartungshaltung auf eine längere Belohnungssequenz oder eine sogenannte Jackpot-Belohnung. Damit hat das Spiel das Potenzial, ein sehr hochwertiges Belohnungspaket für die Katze zu werden, das in vielen Situationen besser funktionieren wird als eine „normale“, also einmalige und kurze Belohnung.
10-Leckerchen-Spiel: Hintergrund
Das 10-Leckerchen-Spiel ist für Katzen sehr einfach zu erlernen und verschafft in der Regel schnell sichtbare Erfolge. Außerdem macht es Spaß und sorgt dafür, dass Sie und Ihre Katze gemeinsam etwas Schönes unternehmen. Wer gemeinsam Spaß hat,der arbeitet gleichzeitig an seiner Beziehung.
Das 10-Leckerchen-Spiel besteht aus zwei Teilen:
- dem Zählen und
- der Belohnungsphase.
Das Zählen wird durch viele Spiel-Wiederholungen mit dem Verhalten „ruhiges Warten in der Nähe des Menschen“ verknüpft. Gleichzeitig kündigt jede Wiederholung eine weitere, längere Belohnungsphase an.
10-Leckerchen-Spiel: Warum ist es so sinnvoll?
Das 10-Leckerchen-Spiel kann viele positive Effekte mit sich bringen:
- die Katze lernt Impulskontrolle und Frustrationstoleranz
- die Katze lernt, dass ruhiges Warten sie zum Erfolg führt
- die Katze lernt, dass nach einer Ankündigung (dem Zählen) eine längere Interaktion mit dem Menschen folgt: es lohnt sich für sie also sehr, mitzuspielen
- die Katze lernt, dass sich in der Nähe ihres Menschen schöne Dinge ereignen (die Länge der Belohnungssequenz verstärkt die gute Erfahrung in der Nähe zum Menschen und das gemeinsame Erlebnis)
- Katze und Mensch haben gemeinsam Spaß
- die Katze lernt, sich auf ihren Menschen zu konzentrieren, später auch in aufregenden Situationen (durch Aufmerksamkeitsteilung)
- das Spiel ist sehr gut als freundlicher Unterbrecher bei unerwünschtem Verhalten geeignet (wenn es zuvor oft genug geübt wurde und für die Katze sehr positiv verknüpft ist)
- der Mensch übt das Timing beim Einsatz von Markersignalen
- das Spiel eignet sich hervorragend, um Markersignale schnell und gut zu verknüpfen oder wieder aufzuladen
Hinweis
Markersignale, z.B. ein Clicker, sind Brückensignale. Sie werden im Tiertraining eingesetzt, um ein Verhalten (z.B. einen Blickkontakt) exakt zu markieren und sich dadurch etwas Zeit zu verschaffen, um die Belohnung überreichen zu können. Es ist ein Versprechen an die Katze: Das, was du gerade machst, gefällt mir so gut, dass du dir eine Belohnung verdient hast, sie ist schon unterwegs. Ein Markersignal kündigt also immer etwas Schönes für die Katze an – und weil das Etwas für die Katze „schön“ ist, wirkt es „belohnend“, führt also dazu, dass das belohnte Verhalten von der Katze in der Zukunft häufiger gezeigt wird. Darin besteht auch der einfachste Weg, seine Katze zu einer „braven Katze“ zu machen.
Weitere Vorteile des 10-Leckerchen-Spiels:
- das Spiel kann mit dem Üben von vielen anderen Signalen kombiniert werden (Sitzen, Liegen, Ansehen des Menschen auf Signal etc.)
- das Spiel kann mit vielen anderen Spielen kombiniert werden (Leckerli werfen, schnipsen oder kullern, Leckerli zuerst belauern und dann jagen lassen etc.)
- das Spiel ist mit einer oder mit mehreren Katzen gleichzeitig spielbar Katzen, die gerade in einer schwierigen Situation sind, kann das Spiel helfen, sich für ein Alternativverhalten zu entscheiden, anstatt ein unerwünschtes Verhalten zu zeigen
- Katzen mit Ängsten kann das Spiel helfen, sich auf etwas anderes als den Angstauslöser zu fokussieren und so besser mit der Angst umzugehen (Aufmerksamkeitsteilung)
- das gleiche gilt für Auslöser von Frust oder Aggression
- es verbessert schnell die allgemeine Stimmung nach Stress, Aufregung oder Schrecksituationen
10-Leckerchen-Spiel: Los geht’s!
Um das 10-Leckerchen-Spiel spielen zu können, brauchen Sie
- ein Markersignal (z.B. einen Clicker, Zungenclick oder ein Markerwort – alternativ benutzen Sie ein Lobwort)
- viele kleine Leckerchen in einem Gefäß oder einer Leckerlitasche.. Klein sollten die Leckerchen sein, damit sie schnell gegessen werden können und die fressbedingte Unterbrechung der Übung möglichst kurz ausfällt. In einem Gefäß oder einer gut zugänglichen Tasche sollten sie sein, damit sie erst nach dem Zählen auftauchen können.
Haben Sie alles vorbereitet, rufen Sie Ihre Katze zu sich oder erregen Sie ihre Aufmerksamkeit, wenn sie gerade in Ihrer Nähe ist. Sollte es Ihrer Katze schwer fallen, sich auf Sie zu konzentrieren, kann es helfen, sich mit ihr auf eine Ebene zu begeben: Setzen Sie sich zu Ihrer Katze auf den Boden, die Couch oder das Bett.
Nun beginnen Sie, für Ihre Katze sichtbar Leckerchen in Ihre Hand abzuzählen. Halten Sie die Hand dabei soweit außer Reichweite, dass Ihre Katze nicht darankommt. Wichtig ist, dass Ihre Katze dabei wirklich mitbekommt, dass Sie Leckerchen für sie bereithalten. Dazu ist es natürlich hilfreich, wenn sie Sie anschaut. Ihre Katze darf dabei stehen, liegen, sitzen – ganz egal. Geben Sie ihr keine Anweisungen, erregen Sie lediglich ihre Aufmerksamkeit. Sie muss nur „gucken“.
Der Trick ist nun, nur solange zu zählen, wie die Aufmerksamkeit Ihrer Katze tatsächlich bei Ihnen ist, aber nicht länger. Wenn die Katze weggeht oder ausschließlich in der Gegend umherschaut, dann brechen Sie das Spiel ab indem Sie aufhören zu zählen, alles einpacken und einen kurzen Moment warten. Beginnen Sie nach einer kurzen Unterbrechung von wenigen Sekunden von vorn. Dieses Mal zählen Sie aber nicht so weit wie zuvor, sondern nur solange Ihre Katze Ihnen wirklich ihre Aufmerksamkeit schenkt. Sind Sie beim Fehlversuch zum Beispiel bis fünf gekommen, zählen Sie jetzt nur noch bis drei oder maximal vier.
Es kann sein, dass Sie beim ersten Mal wirklich bis zehn zählen können oder aber nur bis drei. Bis wohin Sie kommen, ist aber nicht wichtig. Viel wichtiger ist, dass Ihre Katze das Verhalten „ruhiges Warten und Aufmerksamkeit auf meinen Menschen richten“ mit dem Zählen verknüpft. Ihre Katze darf sogar ein wenig in der Gegend umhersehen, wenn z.B. draußen ein Vogel vorbeifliegt oder ein Geräusch ihre Aufmerksamkeit erregt. Ausschlaggebend ist, dass sie sich bis zur nächsten Zahl bzw. beim Aussprechen der nächsten Zahl wieder zu Ihnen hin orientiert. Tut sie das nicht, brechen Sie ab und sie erhält ein paar Augenblicke später eine neue Chance mit weniger Zählern.
Katzen Pause
Wichtig
Sollten Sie nicht so recht vorankommen, variieren Sie die Zählgeschwindigkeit oder auch die Stimmlage. Manche Katzen kommen besser mit schnellerem Zählen zurecht, andere können gut mit langsamem Zählen leben. Hier gilt es, ein wenig auszuprobieren, bis Sie den für Ihre Katze optimalen Ablauf gefunden haben. Denken Sie immer daran, dass jede Katze anders und individuell ist und auch eine ganz eigene Persönlichkeit hat! Auch das Filmen und nachträgliche Anschauen von solchen Übungssequenzen kann dabei helfen, herauszufinden, warum etwas nicht so läuft wie der Mensch sich das wünscht.
Legen bei jeder Zahl ein Leckerchen in Ihre Hand, während Ihre Katze Ihnen interessiert dabei zuschaut und gespannt wartet, was als Nächstes passiert. Je nach dem, wie weit Sie zählen und wie lange Ihre Katze aufmerksam schauen kann, bekommt sie z.B. nach „Fünf“ das Markersignal, woraufhin Sie das erste Leckerchen zu Boden fallen lassen. Ihre Katze wird es vom Boden essen und dabei automatisch den Blick von Ihnen abwenden (klar, denn das Leckerchen liegt ja auf dem Boden). Anschließend wird sie Sie mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wieder ansehen, denn sie weiß ja, dass da noch mehr Leckerchen in Ihrer Hand sind. Und genau für diesen Blick zu Ihnen bekommt sie das nächste Markersignal und das nächste Leckerchen fällt zu Boden. Ihre Katze frisst es auf und schaut wieder zu Ihnen, und wieder markieren (markern) Sie den Blick und lassen das nächste Leckerchen fallen. Diesen Ablauf setzen Sie fort, bis Ihre Hand leer ist.
Wenn die Leckerchen in Ihrer Hand aufgebraucht sind, zeigen Sie Ihrer Katze die leeren Hände und sagen ihr, dass die Übung beendet ist, indem Sie ein Fertigsignal geben, wie z.B. „Fertig“, „alle alle“ oder „Ende“. So lernt Ihre Katze mit der Zeit, dass die Übung mit dem Fertigsignal beendet ist und sie erst einmal keine weitere Chance hat, sich Marker und Leckerchen mit Blicken zu Ihnen zu verdienen.
Sollte Ihre Katze mittendrin das Interesse verlieren und Sie nicht mehr ansehen oder gar weggehen, zeigen Sie ihr nochmal die Hand mit den Leckerchen und markern Sie, sobald die Katze zu Ihnen schaut. Sollte auch das nicht helfen, versuchen Sie es mit Leckerchen, die für Ihre Katze hochwertiger sind als die, die Sie aktuell verwenden oder wählen Sie einen anderen Zeitpunkt, zu dem es der Katze leichter fällt, sich zu konzentrieren.
10-Leckerchen-Spiel: Trainingstipps
Steigern Sie den Schwierigkeitsgrad nur ganz, ganz langsam und fangen Sie so an, dass es für Ihre Katze individuell sehr einfach ist, bei dem Spiel Erfolg zu haben. Zählen Sie beim jeweils nächsten Durchgang erst bis zum nächsten Zähler, wenn es für Ihre Katze vollkommen selbstverständlich geworden ist, bis zum „alten“ Zähler wirklich ruhig zu warten.
Tipp
Das Zauberwort zum Erfolg ist „Kleinschrittigkeit“. Ihre Katze lernt nur, ruhig und entspannt zu warten, wenn Sie den Aufbau der Übung so gestalten, dass sie auch ruhig und entspannt warten kann. Wenn Sie weiterzählen, während Ihre Katze aufgeregt versucht, an die Leckerchen zu kommen, wird dieses Verhalten und die Aufregung anstelle des ruhigen Wartens mit dem Zählen verknüpft, und das wollen wir bei dieser Übung nicht
Sollte es für Ihre Katze schon zu schwer sein, bis „eins“ zu warten, beginnen Sie, sie früher zu markern und zu belohnen: führen Sie die Hand z.B. nur zur Leckerlietasche, aber ohne hineinzugreifen. Wenn Ihre Katze das ruhig mitansehen und warten kann, ist das durchaus einen Click und eine Belohnung wert! Später werden die Anforderungen gesteigert.
Weitere Teilschritte auf dem Weg zur „Eins“ können sein:
- Griff in die Tasche
- Herausholen eines Leckerchens
- Legen des Leckerchens in die andere Hand
Achten Sie außerdem darauf, die Anforderungen nicht linear zu steigern. Dann würde Ihre Katze nur lernen, dass es immer schwerer wird, wodurch sie womöglich die Lust an diesem Spiel verliert. Stattdessen zählen Sie einmal bis fünf, dann wieder nur bis drei, bis vier, bis sechs und dann wieder nur bis zwei. So steigern Sie unter dem Strich zwar die Anforderungen, aber zwischendurch ist es zur Abwechslung auch mal ganz leicht, das Warten auszuhalten. So halten Sie Ihre Katze „bei der Stange“.
Auch wenn es vielleicht nicht danach aussieht, ist doch das Warten – gerade wenn Sie mit dem Training beginnen – mitunter sehr schwer für Ihre Katze. Gönnen Sie Ihrer Katze daher nach spätestens ein bis zwei Minuten eine Auszeit, in der sie machen kann, was sie möchte oder bieten Sie ihr ein ruhiges Spiel, einen Ausflug auf den Balkon oder ein paar Leckerchen zum Suchen oder Fummeln an. Nach einer kurzen Pause läuft es oft gleich viel besser.
Auf einen Blick: 10-Leckerchen-Spiel – Ablauf kurz und knapp
- Ihre Katze befindet sich in Ihrer Nähe
- Leckerchen sichtbar und laut abzählen und ibei jeder Zahl ein Leckerchen in die andere Hand legen, solange die Katze ruhig wartet
- Markersignal (für das ruhige Warten)
- Leckerchen fällt
- Katze frisst auf und wendet dabei automatisch den Blick von Ihnen ab
- * Katze schaut wieder zu Ihnen
- Markersignal (für das Blickkontakt aufnehmen)
- Leckerchen fällt
- Katze frisst auf und wendet dabei automatisch den Blick von Ihnen ab *
- von * bis * wiederholen, bis alle Leckerchen in der Hand aufgebraucht sind
10-Leckerchen-Spiel: Variationen
Als Variation können Sie das Leckerchen z.B. nicht einfach nur fallen lassen, sondern es wegschnipsen, kullern oder werfen. Oder Sie bauen noch einen kleinen Trick (z.B. Pfote geben) oder eine andere Übung (z.B. Sitzen) ein, bevor das Leckerchen überreicht wird.
Pfötchen geben
Beispiel: 10-Leckerchen-Spiel plus „Pfötchen geben“
- Ihre Katze befindet sich in Ihrer Nähe
- Leckerchen sichtbar und laut abzählen und bei jeder Zahl ein Leckerchen in die andere Hand legen, solange die Katze ruhig wartet
- Markersignal (für das ruhige Warten)
- Leckerchen fällt
- Katze frisst auf und wendet dabei automatisch den Blick von Ihnen ab
- * Katze schaut wieder zu Ihnen
- Signal für Pfötchen geben sagen
- Katze gibt Pfötchen
- Markersignal (für das Pfötchen geben)
- Leckerchen fällt
- Katze frisst auf und wendet dabei automatisch den Blick von Ihnen ab *
- von * bis * wiederholen, bis alle Leckerchen in der Hand aufgebraucht sind
Tipp:
Nutzen Sie verschieden hochwertige Leckerchen, so wird es nie langweilig. Auch der Einsatz von Spielzeug als Belohnung anstelle von Leckerchen ist denkbar. Und: Wenn Ihre Katze schon gut warten kann während Sie bis zehn zählen, dürfen Sie auch gern weiter zählen, z.B. bis 20.
Das 10-Leckerchen-Spiel im Mehrkatzenhaushalt
Auch im Mehrkatzenhaushalt ist es möglich, das 10-Leckerchen-Spiel zu spielen. Üben Sie zunächst mit jeder Katze allein, bis alle mitspielenden Katzen verstanden haben, worum es geht. Anschließend spielen Sie in allen möglichen Zweierkombinationen. Erst dann nehmen Sie eine dritte Katze dazu und üben auch hier wieder in jeder möglichen Kombination, bevor eine weitere Katze integriert wird.
Spielt mehr als eine Katze mit, ist der Trainingsstand der ungeduldigsten Katze ausschlaggebend dafür, wie lange Sie zählen können. Um Missverständnisse und Futterneid unter den Katzen zu vermeiden, fügen Sie einfach von Anfang an den Namen der Katze ein, , bevor Sie das Leckerchen werfen.
Auf einen Blick: 10-Leckerchen-Spiel mit zwei Katzen
- beide Katzen befinden sich in Ihrer Nähe
- Leckerchen sichtbar und laut abzählen und bei jeder Zahl ein Leckerchen in die andere Hand legen, solange beide Katzen ruhig warten (jedes Mal pro Katze ein Leckerchen in die andere Hand legen)
- Markersignal (für das ruhige Warten)
- Name von Katze 1 sagen
- Leckerchen fällt für Katze 1 (etwas entfernt von der anderen Katze)
- Name von Katze 2 sagen
- Leckerchen fällt für Katze 2 (etwas entfernt von der anderen Katze)
- Katzen fressen auf und wenden dabei automatisch den Blick von Ihnen ab
- * Katzen schauen wieder zu Ihnen
- Markersignal
- Name von Katze 1 sagen
- Leckerchen fällt für Katze 1 (etwas entfernt von der anderen Katze)
- Name von Katze 2 nennen
- Leckerchen fällt für Katze 2 (etwas entfernt von der anderen Katze) *
- von * bis * wiederholen, bis alle Leckerchen in der Hand aufgebraucht sind
Es wird einfacher, wenn Sie sich als eine Art Puffer zwischen die Katzen stellen, bzw. die Katzen vor der Übung so positionieren, dass sich eine auf Ihrer rechten und eine auf Ihrer linken Seite befindet. Auch der Einsatz von Sitztargets als Warteplätze ist praktikabel.
Wenn eine dritte oder vierte Katze mitspielen soll, fahren Sie einfach mit dem Nennen der Namen je Durchgang fort, bis alle Katzen ein Leckerchen erhalten haben. Variieren Sie die Reihenfolge so, dass alle Katzen gut warten können. Bedenken Sie: die Katze, die Sie zuerst nach dem Marker nennen, muss am kürzesten auf ihr Leckerchen, aber am längsten auf den nächsten Marker warten. Die Katze, die sie zuletzt nennen, muss am längsten auf Ihr Leckerchen, aber am kürzesten auf den nächsten Marker warten. Es kann sein, dass Ihre Katzen unterschiedlich gut damit klarkommen, auf das eine oder das andere zu warten. Probieren Sie es aus und verändern ggf. die Reihenfolge.
10-Leckerchen-Spiel: Einsatzmöglichkeiten im Alltag
Es gibt viele schöne und sinnvolle Möglichkeiten, das 10-Leckerchen-Spiel in den Alltag mit Ihrer Katze zu integrieren
Einfach so
Spielen Sie das 10-Leckerchen-Spiel als tolle Auslastung und nur zum Spaß. Durch die lange Belohnungssequenz haben viele Katzen einen Heidenspaß daran und lernen sehr schnell.
Rituale
Auch als Ritual ist dieses Spiel sehr gut geeignet. Zum Beispiel als Zubett-Geh-Ritual, als kleine Übung vor dem Fressen, bevor Sie das Haus verlassen, als Start- oder Abschluss-Übung einer Clicker- oder Spieleinheit.
Verhaltensunterbrecher
Hat Ihre Katze Gefallen daran gefunden und wurde das Spiel in entspannten Situationen oft genug wiederholt, ist es sehr gut als freundlicher Unterbrecher für unerwünschtes Verhalten einsetzbar. Kratzt Ihre Katze zum Beispiel an der Couch, beginnen Sie einfach zu zählen. Sie wird in freudiger Erwartung das Kratzen beenden und zu Ihnen kommen, um das tolle Zähl-Spiel zu spielen. Achten Sie aber beim nächsten Mal darauf, schon früher mit dem Zählen anzufangen, am besten, bevor die Katze die Pfote hebt, um an der Couch zu kratzen oder sogar schon, wenn sie auf dem Weg zu ihrer Kratzstelle an der Couch ist. Sonst lernt sie womöglich, dass Sie mit ihr das Spiel spielen, wenn sie an der Couch kratzt und zeigt das Couchkratzen vielleicht ab jetzt immer, wenn sie das Spiel spielen möchte. Außerdem ist wichtig, um diese eher unerwünschte Lernerfahrung zu vermeiden: Spielen Sie das Spiel nicht nur in Situationen, in denen Sie Verhalten unterbrechen möchten, sondern spielen Sie es auch ganz oft zwischendurch, ohne ernsten Hintergrund. So wird die Chance minimiert, dass die Katze verknüpft: Immer, wenn ich an der Couch kratze, spielt mein Frauchen das tolle Spiel mit mir.
Impulskontrolle und Frustrationstoleranz
Das Spiel dient außerdem zur Übung von Impulskontrolle und Frustrationstoleranz, denn bevor die lange Belohnungssequenz startet, muss Ihre Katze sich zurücknehmen und warten. Sie lernt, dass es sich manchmal lohnt, zu warten und ruhig und aufmerksam zu sein.
Ruhiges Warten
In Situationen, in denen Ihre Katze ruhig warten soll, z.B. beim Tierarzt, kann das Spiel helfen, die Behandlung oder Untersuchung ruhiger auszuhalten. Ihre Katze kennt das Spiel und weiß, dass sich das Warten lohnt: sobald Sie aufhören zu zählen, hat sie sich Marker und Belohnung verdient. Es folgt entweder eine lange Belohnungssequenz oder ein Jackpot. Beim Tierarzt wären z.B. eine Behandlungspause oder das Ende der Behandlung die Jackpot-Belohnung, vor allem, wenn die Katze in der Tierarztpraxis keine Leckerchen annehmen kann.
Katze herbeirufen
Das Spiel funktioniert auch, um Ihre Katze herbeizurufen. Denn die Belohnungssequenz findet ja immer in Ihrer Nähe statt. Wenn Sie also anfangen zu zählen, wird Ihre Katze bald angelaufen kommen und freudig auf ihre Belohnungssequenz warten.
Futterzubereitung für Katzen oder Menschen
Durch die Verknüpfung mit dem ruhigen Warten können Sie auch zählen, um die Katze kurz auf einem Platz „zwischenzuparken“, zum Beispiel, um bei der Futterzubereitung bzw. des Kochens zu verhindern, dass Ihre Katze Ihnen vor Aufregung vor die Füße läuft oder auf die Anrichte springt. Zählen Sie einfach während der Futterzubereitung. Es folgt dann keine lange Belohnungssequenz, sondern Sie stellen einfach den gefüllten Futternapf auf den Boden: Jackpot!
Umorientierungssignal
Besonders gut eignet sich das Spiel für den Aufbau eines Aufmerksamkeitswechselsignals, auch Umorientierungssignal (UOS) genannt.
Das UOS dient dazu, die Aufmerksamkeit der Katze auf Sie umzulenken, ihre Aufmerksamkeit also von etwas anderem (z.B. einem Auslösereiz für unerwünschtes Verhalten) abzuziehen, sie zu teilen. Es ist damit ein weiterer sehr netter Unterbrecher für unerwünschtes Verhalten.
Mögliche Signalwörter für das UOS sind „Kuckuck“, „Schau“, „Hier“, „Kuck mal“ und ähnliche.
Beispiel: 10-Leckerchen-Spiel plus Umorientierungssignal
- Ihre Katze befindet sich in Ihrer Nähe
- Leckerchen sichtbar und laut abzählen und bei jeder Zahl ein Leckerchen in die andere Hand legen, solange die Katze ruhig wartet
- Markersignal (für das ruhige Warten)
- Leckerchen fällt
- Katze frisst auf und wendet dabei automatisch den Blick von Ihnen ab
- * bevor Ihre Katze den Kopf hebt, sagen Sie das UOS, z.B. „Kuckuck“ (so dass „Kuckuck“ das Verhalten „zu meinem Menschen schauen“ ankündigt)
- Katze schaut wieder zu Ihnen
- Markersignal (für die Umorientierung zu Ihnen) –> es kann sein, dass der UOS und das Markersignal sehr schnell hinter einander gegeben werden müssen. Das fühlt sich im ersten Moment komisch an, ist aber genau so die richtige Abfolge.
- Leckerchen fällt
- Katze frisst auf und wendet dabei automatisch den Blick von Ihnen ab *
- von * bis * wiederholen, bis alle Leckerchen in der Hand aufgebraucht sind
Anne-Katrin Mausolf
Anne-Katrin Mausolf ist ATN-Absolventin mit der Spezialrichtung auf Katzenverhaltensberatung und Hundeverhaltensberatung. Sie ist Mitglied im VDTT und berät in Hamburg und Umgebung Menschen mit Katzen zu Fragen rund um die artgemäße Katzenhaltung sowie zum Problemverhalten der Samtpfoten. Ihr Buch „Kätzchen – Haltung, Beschäftigung, Verhalten, Gesundheit“ ist 2016 im KOSMOS-Verlag erschienen. Seit 2016 ist sie als Autorin und seit 1017 auch als Tutorin für die ATN im Bereich Katzenpsychologie und Katzenverhaltensberatung tätig.
Sie hofft, durch ihre Arbeit dazu beitragen zu können, dass sich das Bild der Katze als „Nebenbei-Haustier für Menschen mit wenig Zeit“ verändert, hin zu dem, was die Katze ist: Ein anspruchsvoller Mitbewohner mit eigenen Bedürfnissen, Befindlichkeiten und Emotionen, die der Mensch (er-)kennen und (be-)achten sollte.
Webseite: katzenkummer-verstehen.de