Jahreswechsel mit Hund: Hilfe bei Silvesterstress – jozsitoeroe – stock.adobe.com
Wie verhält sich Ihr Hund an Silvester? Hält er den Lärm und die Lichtblitze am Himmel gut aus, oder fürchtet er sich? – Für Hunde, die an Silvester in Angst geraten, gibt es konkrete Hilfsmaßnahmen. Falls Ihr Hund an Silvester entspannt ist, können Sie mit unseren Tipps dafür sorgen, dass dies auch in Zukunft so bleibt. Lesen Sie weiter und wählen Sie aus, was zu Ihnen und Ihrem Hund passt.
Auch der Mensch bleibt von der Lärm- und Lichtkulisse an Silvester nicht unbeeindruckt: Werden Sie als Mensch plötzlich von einem Knall überrascht, reagiert Ihr Körper unmittelbar: Der Puls geht in die Höhe, die Atmung beschleunigt sich etwas, die Muskelspannung steigt und Sie werden wachsamer. Das alles sind uralte Kampf- oder Fluchtreaktionen, die uns einsatzbereit machen. Unser Körper will handeln, muss handeln. Diese Reaktionen nennt man „Stress-Reaktionen“. Jeder Mensch reagiert etwas anders auf solch einen Sinneseindruck: Manche zucken zusammen, ducken sich oder halten sich die Ohren zu. Andere lachen und fangen an zu reden. Oder sie ärgern sich – und reden ebenfalls darüber. Die meisten schauen in Richtung Knall und überlegen, woher er kommt.
Hunde reagieren genauso wie Menschen!
Auch unsere Hunde zeigen körperliche Reaktionen auf laute oder plötzliche Geräusche (oder auch den Anblick von Feuerwerksraketen), wie zum Beispiel:
- Hecheln
- Feuchte Pfoten
- Große Pupillen
- Rote Schleimhäute
- Zittern
- Sabbern
- Erbrechen
- Absatz von Kot oder Urin
Und so wie der Mensch sich etwa die Ohren zuhält, „handelt“ der Hund als Reaktion unter anderem durch: Hinschauen, Ducken, Flucht, Bellen, Jaulen oder auch die Suche nach engerem Kontakt zum Menschen. Einige Hunde handeln dabei besonders intensiv: Sie fliehen in den Keller, versuchen sich durch die geschlossene Tür zu graben oder sie laufen auf dem Spaziergang weg. Bei Kontakt zum Menschen können sie aufdringlich werden, indem sie an unseren Beinen kratzen oder uns auf den Schoß springen. Das alles zeigt Ihnen, dass Ihr Hund Stress hat und sich unwohl fühlt. Zusätzliche Anzeichen sind:
- Eingeknickte Beine
- Eingezogene Rute
- Zurückgezogene Ohren
- Zurückgezogene Lefzen
- Große Augen
Dauer und Intensität, mit denen Ihr Hund diese Verhaltensmuster zeigt, verdeutlichen Ihnen, wie stark seine Angst ist.
Ein Hund – viele Stresssymptome (© StockSnap – Pixabay)
Wie können Sie sich und Ihren Hund vorbereiten, damit Silvester so schön wie möglich wird?
In jedem Fall können Sie schon jetzt – rechtzeitig – für ein angenehmes Silvester, zusammen mit Ihrem Hund, sorgen. Angepasst an die individuelle Situation sind unterschiedliche Maßnahmen möglich. Wählen Sie aus den Vorschlägen aus, was am besten zu Ihnen und Ihrem Hund passt.
Leidet Ihr Hund stark unter Knall-Ängsten?
- Planen Sie einen Silvester-Urlaub in einer „knall-freien“ Gegend.
- Suchen Sie eine „knall-freie“ Hundepension, in der Ihr Hund die Tage um Silvester verbringt.
- Sprechen Sie jetzt schon mit Ihrer Tierärztin/Ihrem Tierarzt über angstmindernde Medikamente.
- Entspannungstechniken können sehr wirkungsvoll sein. Dazu können Massagen genutzt werden (siehe unten) – oder fragen Sie in Ihrer Hundeschule um Rat.
- Nehmen Sie Kontakt auf mit einer guten Hundeschule oder einer anderen Fachperson. Denn mit einem gezielten Desensibilisierungs-Programm können die Geräusch-Ängste reduziert werden.
Die Lieblingsdecke am Lieblingsort kann für Entspannung (© Mylene2401 – Pixabay)
Auch wenn Ihr Hund relativ entspannt ist zum Jahreswechsel, profitieren generell alle Hunde von folgenden Maßnahmen:
Lehren Sie Ihren Hund einen Rückzugsort. Dies kann eine besondere Box sein oder eine spezielle Decke. An diesem Ort erlebt der Hund nur schöne Dinge. Er darf dort Leckerchen suchen, erhält Kau-Artikel oder wird gestreichelt. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Hund sehr viele positive Erlebnisse dort hat.
Setzen Sie eine Geräusch-CD ein (z.B. „Sound Therapy 4 Pets Sound Scary“ ®), damit Ihr Hund Feuerwerksgeräusche kennt, bevor Silvester kommt. Lassen Sie die CD laufen, während Ihr Hund sich wohl fühlt – etwa während er frisst oder spielt oder Sie mit ihm kuscheln. Fangen Sie mit ganz leiser Einstellung an. Ihr Hund sollte die CD-Geräusche kaum wahrnehmen. Wenn Sie diese Übung täglich für 10 Minuten wiederholen, können Sie alle drei Tage die Lautstärke etwas erhöhen. (Wenn Ihr Hund ängstlich auf die CD reagiert, suchen Sie sich Hilfe von einer Fachperson!)
Feiern Sie Alltagsgeräusche! Fällt irgendwo eine Autotür zu? Fällt einem Passanten etwas herunter? Wenn Ihr Hund im Alltag verwundert auf ein Geräusch reagiert, dann machen Sie das zu einem erfreulichen Ereignis. Freuen Sie sich deutlich über das Geräusch, spielen Sie mit Ihrem Hund oder verteilen Sie Leckerchen. Ihr Hund darf wieder und wieder die Erfahrung machen, dass plötzliche Geräusche etwas Schönes sind.
Entspannende Massagen helfen nicht nur Menschen, sondern auch Hunden. Probieren Sie an einem gemütlichen Abend aus, auf welche Weise Sie Ihren Hund streicheln müssen, damit er sich wohl fühlt und sich dabei immer mehr entspannt. Natürlich können Sie auch mit Hilfe eines Buches oder einer Fachperson lernen, Ihren Hund zu massieren.
Wenn Sie herausgefunden haben, was Ihr Hund mag, dann massieren Sie ihn so oft wie möglich – am besten täglich. So lernen Sie beide, die Massage zu lieben. Dann ist sie an Silvester einsetzbar, um den Hund bei Stress wieder zu entspannen.
Weitere Maßnahmen gegen Silvester-Angst
Zusätzlich zu den verhaltenstherapeutischen Möglichkeiten gibt es weitere Maßnahmen, die vorbeugend oder helfend eingesetzt werden können. Um sicher zu gehen, dass ein Mittel für Ihren Hund an Silvester ausreichend ist, muss es mit zeitlichem Vorlauf ausprobiert werden. Die Wirkung vieler Mittel setzt oft erst einige Zeit nach Beginn der Gabe ein. So ist etwa die beruhigende Wirkung von Baldrian nachweislich erst 14 Tage nach Therapiebeginn zu erkennen. Nach der Mittelgabe und der entsprechenden „Einwirkzeit“ setzen Sie Ihren Hund vorsichtig Knallgeräuschen aus (z.B. mit dem Handy aufgenommene Geräusche). Achten Sie auch hier darauf, auf sehr leiser Stufe anzufangen!
Pflanzenheilmittel
Baldrian, Melisse, Hopfen und Lavendel wirken beruhigend. Sie werden häufig in Kombinationspräparaten eingesetzt (z.B. in Canised® oder Sedarom®).
Nahrungsergänzungen
Vor angstauslösenden Situationen können Alpha-Caseozepin in zwei- oder dreifacher Dosierung (z.B. in Zylkene®) oder Theanin (z.B. in Adaptil®-Tabletten) gegeben werden. B-Vitamine, Tryptophan (in Kombination z.B. in Relax Plus®) und bestimmte ungesättigte Fettsäuren (z.B. in Leinöl) können nervenstärkend wirken. Ihre Gabe sollte mehrere Wochen vor Silvester begonnen werden.
Komplexmittel und Bachblüten
Diese Präparate werden am besten von einer erfahrenen Fachperson speziell für Ihren Hund ausgesucht. Das ist am erfolgreichsten, wenn Sie sich schon Wochen vor Silvester beraten lassen.
Druckwesten und Kopfbandagen
Westen, die eng am Hundekörper anliegen, (z.B. Thunder Shirt®) können Ängste reduzieren. Viele Hunde tragen sie gern. Trotzdem sollten alle Hunde sicherheitshalber an sie gewöhnt werden. Dasselbe gilt für Kopfbandagen speziell für die Ohren (z.B. aus dem tiermedizinischen Bedarf).
Holen Sie sich bei der Auswahl eines geeigneten Mittels Rat bei einer versierten Fachperson wie Tierarzt, Tierheilpraktiker oder Tierverhaltensberater.
Sie können also schon heute den Jahreswechsel zusammen mit Ihrem und für Ihren Hund planen. Welche zusätzlichen kurzfristigen Maßnahmen am Tag X selbst ergriffen werden können, erläutern wir Ihnen im zweiten Teil dieses Artikels, der in Kürze folgen wird.
Quelle:
Del Amo, S. (2016) Geräuschangst meistern, CreateSpace Independent Publishing Platform
Heath, S., Bowen, J. (2004) Sound Therapy 4 Pets Sound Scary, CD, (Geräusch-CD)
Lauinger, Ines (2012) Geräuschempfindlichkeit beim Hund am Beispiel des Bearded Collies Dissertation München
Liles C.C. (2019) Sound Sensitivities and Phobias, Webinar, dog-ibox
Riemer, Stefanie (2019) Effektiveness of treatments for firework fears in dogs PLOS ONE
Schöning, B. (2018) Alle Jahre wieder blitzt und knallt es Vet Webinar
Schroll, S., Dehasse, J. (2016) Verhaltensmedizin beim Hund, Enke Verlag
Maria Hense
Die Tierärztin Maria Hense erwarb ihr umfangreiches Wissen über Hunde durch Beobachtungen an Wölfen, Pudelwölfen und Hunden. Zahlreiche Fortbildungen über Ethologie, Haltung und Verhalten von Haustieren sowie Verhaltenstherapie folgten. Dieses Wissen vermittelt sie in ihrer verhaltenstherapeutischen Tierarztpraxis und als Hundetrainerin. Ihre Ziele: psychisch gesunde, alltagstaugliche Hunde, zufriedene Besitzer und artgerechte Beschäftigung des Hundes. Dabei setzt sie auf Problemlösungen, die Hund und Mensch nicht unter Druck setzen und ohne Zwangsmittel auskommen. 2010 erschien ihr Buch „Der hyperaktive Hund“. Zusammen mit Christina Sondermann verfasste sie die Bücher „Spiele für die Hundestunde“ (2007) und „Perspektivwechsel“ (2014). Maria Hense hält Seminare für Hundebesitzer, Trainer sowie Verhaltenstherapeuten und ist seit vielen Jahren als Dozentin, Autorin und Tutorin für die ATN tätig.