Silvester mit Katze – Rechtzeitige Vorbereitung – DoraZett – stock.adobe.com
Was für die meisten von uns Menschen einmal im Jahr ein großer Spaß ist, bedeutet für viele unserer Katzen die schlimmste Zeit des Jahres: Silvester. Der Krach durch Böller und die Lichtblitze am Himmel sind beängstigende, nicht nachvollziehbare Ereignisse für sie und das leider nicht nur in einer Nacht, sondern gerne schon einige Tage vor und nach dem Jahreswechsel. Für Katzen, die voraussichtlich stark oder sogar extrem stark reagieren, sind mittel- bis langfristige Vorbereitungen empfehlenswert, die jetzt schon eingeleitet werden können. Denn mit einer rechtzeitigen Vorbereitung können wir Katzenbesitzer es schaffen, diese Nächte erträglicher zu machen und den Stress für das Tier möglichst gering zu halten. Ihre Katze wird es Ihnen danken!
Ausnahmezustand
Der nächste Jahreswechsel rückt zwar erst langsam näher, wirft aber seine Schatten voraus: Es gibt nur wenige Katzen, die Feuerwerk mit Knallern und Lichtblitzen gelassen hinnehmen. Die meisten reagieren darauf mit Furcht und Schrecken. Feuerwerk und Knaller sind für sie nur Lärm und Lichtblitze und damit ausgesprochen bedrohliche Ereignisse. Viele ansonsten gelassene Hauskatzen fürchten um ihr Leben und reagieren in dieser Nacht mit Stress. Und der kann durchaus ihre Gesundheit beeinträchtigen! Somit stellt der Jahreswechsel für die meisten Katzen eine Katastrophe dar.
Reaktionen der Katze einschätzen
Jedes Individuum empfindet die besonderen Eindrücke des Jahreswechsels unterschiedlich gefährlich, je nach Veranlagung, bisherigen Erfahrungen und Wohnort bzw. Grad der Exposition – in der Großstadt sind Bewohner i.d.R. stärker betroffen als im ländlichen Raum. Neben allgemeinen Maßnahmen der Stressreduzierung (s.a. den kommenden Artikel „Silvester mit Katze“) können weitere Vorkehrungen den voraussichtlichen, individuellen Empfindungen der Katze angepasst werden und sollten am besten schon im Voraus abgeschätzt werden, denn die Reaktionen der Katze können: unbekannt sein, weil eine junge Katze ihr erstes Silvester „feiert“ oder eine ältere Katze erst vor kurzem eingezogen ist und das erste dieser Feste bei Ihnen erlebt.
In beiden Fällen können Sie sich an ihren Reaktionen bei unabsichtlichem, plötzlichem und/oder anhaltendem Krach oder Knallen orientieren (z.B. eine laute Baustelle). Die Reaktionen können:
- gering ausfallen, weil die Katze Lärm gewohnt ist bzw. ihr Trubel nicht viel ausmacht: die Katze schläft (kommt eher selten vor; häufiger bei alten und v.a. tauben Katzen), wird aufmerksam, entspannt sich aber bald wieder – und ruht; putzt sich, frisst, geht aufrecht durch das Zimmer, beobachtet interessiert, nur leicht beunruhigt, ggf. mit langsam schlagender Schwanzspitze.
- moderat bis stark sein: die Katze zuckt zusammen und bleibt erstarrt liegen, flieht, huscht hastig durch die Räume, miaut oder (seltener) faucht oder knurrt, versteckt sich (eine sehr häufige Reaktion), beruhigt sich erst nach einigen Stunden wieder.
- extrem ausfallen: die Augen und Pupillen der Katze sind weit aufgerissen, der Schwanz ist unter den Bauch geklemmt, manche lässt Urin oder Kot unter sich gehen und/oder Speichelfäden hängen an ihren Lefzen herab, sie kommt erst nach vielen Stunden oder sogar Tagen wieder in einen entspannten Zustand.
Bei einer moderaten Reaktion auf Böller wird die Katze aufmerksam, beruhigt sich aber bald wieder (© Skeeze – Pixabay)
Sich verstecken kann nur während der Knallerei bis hin zum Neujahrstag reichen (© cherry1985 – Pixabay)
Frühzeitig vorbeugen
Unabhängig davon, wie Ihre Katze bisher reagiert hat, weiß kaum jemand sicher, wie „schlimm“ die nächste Situation tatsächlich wird. Um unangenehmen Eventualitäten vorzubeugen, haben sich einige vorbereitende Maßnahmen als sinnvoll erwiesen. Sehr ängstliche Katzen, die bei Lärm starke oder sogar extreme Reaktionen zeigen, sollten Sie deshalb unbedingt schon mehrere Wochen vor dem großen Ereignis darauf vorbereiten.
Systematische Desensibilisierung
Der Handel bietet zum Beispiel CDs mit Feuerwerkseindrücken an, im Internet sind entsprechende Apps erhältlich und bei YouTube finden Sie Videoclips über Feuerwerke. Damit können Sie Ihre Katze schon lange vor Silvester an diese Geräusche gewöhnen bzw. sie systematisch desensibilisieren, so dass ihre Furcht zum Jahreswechsel geringer ausfällt. Diese Desensibilisierung könnte wie folgt aussehen:
- Spielen Sie eine dieser Dateien in einer normalen Alltagssituation leise ab, z.B. auch während die Katze spielt oder frisst.
- Steigern Sie die Lautstärke langsam, bis die Katze aufmerksam wird – drosseln Sie die Lautstärke sofort wieder ein wenig, so dass die Katze nicht mehr reagiert.
- Lassen Sie die Geräusche einige Minuten lang abspielen – dies können Sie 2-3-mal täglich wiederholen.
- Steigern Sie langsam (!) über mehrere Wochen die Lautstärke der Geräusche. Sinnvoll ist auch, die Lautstärke gelegentlich wieder zu verringern, damit die Katze nicht den Eindruck bekommt, dass es zwangsläufig „immer schlimmer“ wird.
- Wechseln Sie auch die Räume, in denen Sie der Katze die Geräusche präsentieren – dies bietet eine gewisse Generalisierung und auch an Silvester entwickeln sich eher Surround-Effekte.
- Ignorieren Sie Ihre Katze, auch wenn sie bei plötzlich lauterem Geknalle erschrickt! Versuchen Sie nicht sie zu trösten, durch Streicheln zu beruhigen oder zum Zuhören zu zwingen. Zieht sich die Katze zurück, so setzen Sie die nächste Sitzung wieder etwas leiser an.
- Zuwendungen wie Leckereien, Spiel oder – von der Katze erwünschte – Streicheleinheiten oder allgemein Nähe sind erlaubt. Reden Sie möglichst freundlich-fröhlich mit ihr, im Zweifelsfall in der üblichen Tonlage.
- Am 29./30. Dezember findet die letzte dieser Sitzungen statt. An diesen Tagen werden i.d.R. die ersten Böller gezündet, die dann im günstigsten Fall (relativ leise und selten) zur Desensibilisierung beitragen.
Bei solchen Reaktionen stellt man das Medium zur Desensibilisierung etwas leiser. Sind die Eindrücke erträglicher, reagieren Katzen nicht mehr darauf, nach häufigen Wiederholungen werden sie ganz gewöhnlich.
Entspannende Ergänzungen
Ergänzend zur Audio-Desensibilisierung bieten Tierärzte und Fachhandel einige „Stoffe“ an, die zur Entspannung der Katze beitragen können:
- Feliway Classic: Der „Wohlfühlduft“ für Katzen aus dem Flacon wirkt bei leichter Verunsicherung, bei starkem Stress eher nicht. Beachten Sie, dass der Verdampfer schon mehrere Wochen vor Silvester eingesetzt werden muss.
- Bach-Blüten, v.a. Notfalltropfen, aber unbedingt ohne Alkohol, sollten je nach den regionalen Aktivitäten 1-2 Tage vor Silvester und bis zum Neujahrstag gegeben werden.
- Nahrungsergänzungsmittel in Form von Vorstufen bestimmter Neurotransmitter, die beruhigend wirken, etwa Caseinhydrolysat (Zylkène) oder Tryptophan (Relaxan), sollten schon mehrere Tage bis Wochen vor dem Ereignis eingesetzt werden und sind bei Ihrem Tierarzt erhältlich.
- Medikamente und v.a. Psychopharmaka kaufen Sie bitte keinesfalls (!) im Internet – fragen Sie Ihren Tierarzt, ob sie nötig sind und wenn ja, welche, damit Ihre Katze ihren eventuellen Einsatz gesund übersteht bzw. überhaupt überlebt!
Die eigene Silvesterplanung
Keine Katze sollte an Silvester alleine „feiern“ müssen! Als ihr menschlicher Sozialpartner erleichtern Sie ihr den Trubel durch Ihre Anwesenheit und beruhigenden Einfluss enorm. Sie können schon heute den Jahreswechsel entsprechend katzenfreundlich, also ZUSAMMEN mit Ihrer Katze planen. Wie genau dies aussehen kann, erläutern wir Ihnen im zweiten Teil dieses Artikels, der in Kürze folgen wird.
Diplom-Biologin Birgit Rödder
Die Diplom-Biologin Birgit Rödder studierte Biologie an der Universität Bonn und Tierpsychologie an der Open University of Veterinary Science in London. Sie ist seit 1997 selbstständig als Tierverhaltenstherapeutin und Tierpsychologin tätig, hat für die ATN mehrere Skripte zur Ethologie der Hauskatze verfasst und betreut unsere Studierenden der Katzenverhaltensberatung und der Tiergestützten Arbeit mit Katzen als Tutorin und Dozentin. Als echte Spezialistin in Sachen Katzenverhalten hat sie den Buchmarkt mit zahlreichen Publikationen bereichert, darunter etwa die „Katzen Clicker-Box“ und „Was Katzen wirklich wollen“ in Zusammenarbeit mit Dr. Mircea Pfleiderer. Als ATN-Dozentin lehrt Birgit Rödder bereits seit 2009 die Ethologie der Katze und im Bereich Tierpsychologie u.a. die Themen Lernverhalten, Verhaltenstherapie und Mehrkatzenhaltung.
Webseite: katzenkundig.de